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Wenn das Hochwasser in die Seele dringt...

Berlin Interesting

Ein Einsatz der Notfallseelsorge/Krisenintervention Berlin im Hochwassergebiet bei Havelberg

Als am Montag den 17. Juni 2013 das Telefon klingelt, hat kaum noch jemand das Hochwasser im Blick, doch das DRK Hessen hat für ihren Einsatz in Havelberg und Umgebung PSNV-Ablösekräfte angefordert und so kam es dazu, dass acht ehrenamtliche Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger am 19. Juni ausrückten um dort Einsatzkräfte und vom Hochwasser Betroffene zu betreuen.

Es ist für uns der erste Einsatz dieser Art und ein Unterschied zu den Einsätzen als Kriseninterventionshelfer im Berliner Alltag, in denen es meistens darum geht, Hinterbliebene nach einem plötzlichen Todesfall zu betreuen, doch er ist sicherlich genauso wichtig.

Es sind die kleinen Gespräche die gesucht werden, Gespräche mit Einsatzkräften beim Abendessen oder in der Pause, zwischen dem Zubereiten von Mahlzeiten, wenn die Betroffenen in der Notunterkunft schlafen oder Zeitung lesen. Die Krisenintervention ist als neutrale Ebene vor Ort; sie stehen unter Schweigepflicht über den Inhalt der Gespräche.

Die Einsatzkräfte sind von morgens bis abends unterwegs, sehen die Schäden und das Leid, oder versuchen im Hintergrund in den Versorgungseinheiten die Einsatzkräfte bei Laune zu halten. Die meisten Einsatzkräfte sind am Ende ihrer Kräfte und arbeiten fast rund um die Uhr. In den Gesprächen geht es um ganz unterschiedliche Themen: Einfach nur mal über das Gesehene sprechen, Probleme mit Kameraden oder private Probleme, die auf Grund des Einsatzstresses aufbrechen. Häufig reicht es einfach nur zuzuhören, manchmal reicht ein aufmunterndes Wort und nur ab und zu muss mehr in die Wege geleitet werden; doch wichtig war es, dass die Einsatzkräfte wussten: Hier tut auch jemand etwas für uns.

Neben den Einsatzkräften gehörte die Betreuung von ca. 50 vom Hochwasser betroffenen Personen in den Notunterkünften zu unseren Aufgaben. Auch hier musste immer der schmale Grat der richtigen Worte gefunden werden. Hatte die Person alles verloren oder war sie zurzeit "nur" ohne Strom und Wasser. Schließlich konnte man nicht sagen, es wird alles gut. Bei vielen kam auch das Hochwasser 2002 wieder hoch und es brachen alte seelische Wunden auf. Da-Sein, seelisch aufbauen und - wie auch beim "täglich Brot" in Berlin - schauen wo das soziale Netzwerk greifen kann. Denn die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt in den Hochwassergebieten: die Betroffenen kehren nach Hause zurück und finden Chaos und Unrat vor. Viele beginnen dort, wo sie nach dem letzten Hochwasser schon einmal begonnen hatten. Sie blicken in eine unbekannte Zukunft.

Von: Malte Senska